Ein Quartier für viele Menschen
Solche Sternstunden erleben Stadtplaner nicht alle Tage: Im Fürther Ortsteil Unterfarrnbach wird die letzte große Fläche im innerstädtischen Bereich zu einem neuen Wohngebiet. Lebensraum für etwa 600 Menschen soll dort entstehen, wo zuvor jahrzehntelang die Supermarktkette Norma ihren Stammsitz hatte. Das ehemalige Norma-Grundstück hat 18.572 Quadratmeter Fläche.
Überbaut wird das Konversionsareal vom ESW, dem Evangelischen Siedlungswerk. Seit dem Spatenstich im Sommer 2019 entstehen unter dem Projektnamen „Westwinkel“ in fünf Bauabschnitten über 190 bezahlbare Mietwohnungen, 123 Stellplätze und 70 Garagen, außerdem eine Kindertagesstätte sowie eine Wohngruppe für elternlose Jugendliche. Das ESW investiert hierfür rund 55 Millionen Euro. Ein Gewerbebau, Erweiterung für eine Firma in der Nachbarschaft, sollte das neue Wohngebiet zur Durchgangsstraße hin abschirmen – da die Firma das Projekt aktuell noch nicht umsetzt, wird es zwischenzeitlich eine Lärmschutzwand geben. An der Westseite des Grundstücks baut das ESW außerdem Reihenhäuser.
Für die Bauabschnitte eins und zwei wurden Ziegel ausgewählt: Im Bauabschnitt 1 haben Redbloc-Fertigteile dafür gesorgt, dass der Bau besonders schnell vorankam. Bauabschnitt 2 wird aus Schlagmann-Ziegeln klassisch gemauert.
Das ESW hat sich auf die Fahne geschrieben, in dem Areal an der Würzburger Straße bezahlbaren Wohnraum zu schaffen – insbesondere für Familien sowie für Menschen mit geringerem Einkommen. Etwa 30 Prozent der Wohnungen werden als einkommensorientiert geförderte Mietwohnungen errichtet. Das Ziel ist, im neuen Quartier eine möglichst hohe soziale Durchmischung zu erreichen.
So wurde auch schon geplant: Um gemeinschaftliches Wohnen zu betonen, werden die Wohnungen über großzügige Treppenhäuser erreicht – denn diese sollen nicht nur der Erschließung dienen, sondern auch zu Aufenthalt und Begegnung einladen. Die neue Nutzung sorgt dafür, dass es mehr Natur und Grün auf dem Areal geben wird als zuvor während der gewerblichen Nutzung – ein Gewinn für alle. Obwohl das Quartier baulich eine Einheit ist, wurde die Architektur heterogen angelegt. Dies soll dem Anspruch zukünftiger Mieter gerecht werden, die sich individuelles Wohnen wünschen. Die Grundrisse sind funktional und gut möblierbar organisiert. Die Zimmer sind annähernd quadratisch und damit nutzungsneutral. Mitgedacht wurde auch, dass man Zwei-Zimmer-Wohnungen mit geringem Aufwand verbinden kann zu Vier-Zimmer-Wohnungen.
Begonnen wurde mit der langen Gebäudezeile am Südrand des Areals: Dem westlichen Bauabschnitt 1 mit der Kindertagesstätte und 20 Wohneinheiten sowie dem weiter östlich liegenden Bauabschnitt 2, einer langen Gebäudezeile, in der 41 Wohneinheiten und auch das Wohnprojekt für Jugendliche angesiedelt werden. Insgesamt sind es in den ersten beiden Bauabschnitten 61 Wohnungen und knapp 4.500 Quadratmeter Wohnraum. Die Kindertagesstätte in Bauabschnitt 1 liegt komplett im Erdgeschoss. Dadurch sind alle Gruppenräume direkt an die Freiflächen angebunden und richten sich alle nach Süden aus. Eingeplant ist ein großzügiger Flur, auf dem auch gespielt werden kann; er erschließt die Aufenthaltsräume und den Funktionstrakt. Die zwei Wohnprojekte für Jugendliche werden im östlichen Gebäude angesiedelt, Bauabschnitt 2. Dort im ersten Obergeschoss liegen die Zimmer, die jeweils über Gemeinschaftsflächen miteinander verbunden sind. Die meisten Zimmer haben etwa 16 Quadratmeter – man kann sie theoretisch sowohl als Einzel- als auch als Doppelzimmer möblieren. Dadurch wird der Träger sie sehr flexibel belegen können. Für die Bauabschnitte 1 und 2 setzt der Bauherr auf den klimaneutralen (TÜV Nord Cert Standard TN-CC 020) Poroton-Ziegel S9 in einer Wandstärke von 42,5 Zentimetern. So erreichen die Gebäude den KfW-55-Standard. Die Ziegel leisten problemlos den zur Bundesstraße hin besonders hohen Schallschutz.
Im ersten Bauabschnitt wurde der S9 in Form von Redbloc-Fertigteilen verarbeitet – wenige, standardisierte Redbloc-Fertigteile. So ging es auf der Baustelle besonders schnell. Der Architekt hatte vorab ausgerechnet: Ausgehend von 250 Quadratmetern pro Tag können fünf Teams in fünf Häusern parallel die Wände für ein Geschoss pro Tag errichten. Dadurch kam man auf der Baustelle besonders schnell voran, ein kleines Team genügte. Für die Ziegel-Fertigbauweise gab es eine Förderung vom Freistaat Bayern aus dem Fördertopf für experimentellen Wohnungsbau.
Das gesamte Areal wird ans Fernwärme-Netz angeschlossen – mit einem guten Primärenergiefaktor dank einer anteiligen Nutzung von Biogas.
Copyright Bilder: Evangelisches Siedlungswerk, ARTARCO® Fotostudio und Hierl Architekten und Stadtplaner
Baudaten 1 | |
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Bauzeit | 04/20–07/21 |
Gebäudetyp | Mehrfamilienhaus mit Kindertagesstätte |
Wohneinheiten | 20 |
Grundstücksgröße | BA1 + BA2 4.593 m2 |
Abmessungen | 35,25 × 19,8 m |
Wohnfläche | 1.446 m2 |
Gewerbefläche | 553 m2 |
Konstruktion | Redbloc-Ziegelfertigteil Außenwandbaustoff POROTON®-S9® in Stärke 42,5 cm |
Wärmeschutz | U-Wert: Außenwand 0,20 W/(m2K) Fenster 0,9 W/(m2K) |
Anlagentechnik | Wärmeversorgung über neues Fernwärmenetz des örtlichen Versorgers INFRA-Fürth GmbH mit sehr gutem Primärenergiefaktor durch anteilige Nutzung von Biogas |
Energetischer Standard | KfW-Effizienzhaus-Standard 55 |
Bauherr | Evangelisches Siedlungswerk in Bayern GmbH, Nürnberg |
Architektur | Hierl Architekten und Stadtplaner, München |
Bauunternehmen | MAUSS BAU GmbH & Co. KG, Erlangen |
Tragwerksplanung | LEICHT Structural engineering and specialist consulting, Rosenheim |
Brandschutz | K33 Riedner Wagner + Partner Architekten PartGmbB, München |
Baudaten 2 | |
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Bauzeit | 04/20–10/21 |
Gebäudetyp | Mehrfamilienhaus mit 2 Wohngruppen |
Wohneinheiten | 41 |
Grundstücksgröße | BA1 + BA2 4.593 m2 |
Abmessungen | 93,54 × 11,97 m |
Wohnfläche | 3.174 m2 |
Gewerbefläche | 562 m2 |
Konstruktion | monolithischer Ziegel Außenwandbaustoff POROTON®-S9® in Stärke 42,5 cm |
Wärmeschutz | U-Wert: Außenwand 0,20 W/(m2K) Fenster 0,9 W/(m2K) |
Anlagentechnik | Wärmeversorgung über neues Fernwärmenetz des örtlichen Versorgers INFRA-Fürth GmbH mit sehr gutem Primärenergiefaktor durch anteilige Nutzung von Biogas |
Energetischer Standard | KfW-Effizienzhaus-Standard 55 |
Bauherr | Evangelisches Siedlungswerk in Bayern GmbH, Nürnberg |
Architektur | Hierl Architekten und Stadtplaner, München |
Bauunternehmen | MAUSS BAU GmbH & Co. KG, Erlangen |
Tragwerksplanung | LEICHT Structural engineering and specialist consulting, Rosenheim |
Brandschutz | K33 Riedner Wagner + Partner Architekten PartGmbB, München |